Diese antike Stadt birgt einen 80 Meter tiefen Canyon und ein leuchtendes Schatzhaus – Beduinen bewahren hier ein 2.000 Jahre altes Geheimnis

In der Stille des Morgenlichts enthüllt sich eines der faszinierendsten Wunder der antiken Welt: Petra, die in rosafarbenen Sandstein gemeißelte Nabatäerstadt in Jordanien. Über eine Million Besucher pilgern jährlich durch den engen Siq-Canyon, um den ersten atemberaubenden Blick auf das Al-Khazneh (Schatzhaus) zu erhaschen – doch die wahre Magie Petras entfaltet sich für jene, die länger verweilen und tiefer blicken.

Das 2000-jährige Meisterwerk hinter der schmalen Schlucht

Der 1,5 Kilometer lange Siq, eine natürliche Schlucht mit bis zu 80 Meter hohen Wänden, dient als dramatischer Eingang zu Petra. „Diese schmale Passage ist kein Zufall“, erklärt Khaled, ein lokaler Beduinenführer. „Die Nabatäer wählten diesen schwer zugänglichen Ort bewusst als Schutz für ihre Hauptstadt und entwickelten hier ein ausgeklügeltes Wassersystem, das die Stadt in der Wüste gedeihen ließ.“

Im Morgengrauen zum legendären Schatzhaus

Das ikonische Al-Khazneh, 40 Meter hoch und vollständig aus dem lebendigen Felsen gehauen, erscheint am Ende des Siq wie eine Fata Morgana. Frühmorgens, wenn das erste Sonnenlicht die rosafarbene Fassade zum Leuchten bringt, bietet sich die perfekte Gelegenheit für Fotos ohne Menschenmassen. Diese antike UNESCO-Kulturstätte bewahrt Geheimnisse, die selbst erfahrene Archäologen noch immer entschlüsseln.

900 Stufen zum himmlischen Panorama des Klosters

Der Aufstieg zum Ad-Deir (Kloster) fordert mit seinen 900 Stufen selbst trainierte Wanderer heraus, belohnt jedoch mit einem der beeindruckendsten Monumente und atemberaubenden Ausblicken über das Wadi Araba. „Komm am späten Nachmittag“, flüstert ein Beduinenhändler, „wenn die Touristengruppen verschwunden sind und das goldene Licht den Sandstein in Flammen zu setzen scheint.“

Bei Kerzenschein durch die Felsenstadt

„Petra bei Nacht“ verwandelt die antike Stadt dreimal wöchentlich in ein Meer aus 1.500 Kerzen. Der Weg durch den nur von Kerzenlicht erhellten Siq bis zum Schatzhaus, begleitet von traditioneller Beduinenmusik, schafft eine fast mystische Atmosphäre, die das historische Erlebnis auf eine völlig neue Ebene hebt.

Little Petra – das versteckte Juwel ohne Menschenmassen

Nur wenige Kilometer entfernt liegt Siq al-Barid, besser bekannt als Little Petra. Diese kleinere Schwesterstadt bietet beeindruckende Felsarchitekturen ohne die Besuchermassen des Hauptareals und gewährt einen authentischen Einblick in das alltägliche Leben der Nabatäer – ein ideales Ziel für den zweiten Besuchstag in dieser beeindruckende historische Stätte.

Auf den Pfaden der Beduinen

Die einheimischen Beduinen, deren Vorfahren seit Jahrhunderten in und um Petra leben, bieten einzigartige Einblicke in die Geschichte und Gegenwart der Region. Viele wohnen heute in nahegelegenen Dörfern, doch ihre Verbindung zu Petra bleibt stark. Aus Respekt vor der Kultur sollte angemessene Kleidung getragen und um Erlaubnis gefragt werden, bevor man Fotos von Einheimischen macht – wie auch in anderen religiös bedeutsamen Städten.

Die perfekte Reisezeit für Petras Wunder

März bis Mai und September bis November bieten angenehme Temperaturen für die ausgedehnten Wanderungen. Die Sommermonate können mit über 40°C unerträglich heiß werden, während winterliche Regenschauer gelegentlich den Siq überfluten können. Ein Zwei- oder Dreitagesticket lohnt sich, um diese weitläufige beeindruckende Wüstenlandschaft in Ruhe zu erkunden.

Zwischen Tradition und Bewahrung

Petra steht vor der Herausforderung, den wachsenden Tourismus mit dem Schutz dieses fragilen einzigartigen Naturerbes in Einklang zu bringen. „Jeder Besucher sollte verstehen, dass dieses Weltwunder nur durch achtsamen Tourismus für kommende Generationen bewahrt werden kann“, betont Dr. Adnan Hammudin vom jordanischen Antikenamt, der neue Initiativen für nachhaltigeren Tourismus beaufsichtigt.

Die Legende vom verborgenen Schatz

Beduinen erzählen immer noch die Geschichte der Urne, die hoch oben am Schatzhaus thront und angeblich Gold enthält. Jahrelang haben Schatzsucher darauf geschossen, wie die Einschusslöcher bezeugen. Diese Legende inspirierte auch den Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“, der Petra weltweite Bekanntheit verschaffte und bis heute Besucher in seinen Bann zieht.

Wenn die Sonne hinter den Felswänden versinkt und der Sandstein in tiefen Rot- und Goldtönen zu glühen beginnt, wird klar, warum Petra mehr ist als eine archäologische Stätte – es ist ein Ort, wo Geschichte lebendig wird und die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart verschwimmen. Diese rosarote Stadt, älter als Rom, flüstert ihre Geheimnisse jenen zu, die bereit sind, langsamer zu gehen und genauer hinzusehen.