In Neuseelands Fiordland verbirgt sich ein Naturwunder, dessen Name eine Täuschung ist: Milford Sound. „Tatsächlich handelt es sich um einen Fjord, nicht um einen Sound“, erklärt Naturführer James Thomson. „Diese Fehlbenennung durch europäische Entdecker ist Teil seines Charmes.“ Der von den Māori als Piopiotahi verehrte Ort im UNESCO-Welterbe Te Wahipounamu verzaubert mit dramatischen Felsformation und Wasserfällen, die sich bis zu 1.000 Meter in die Tiefe stürzen.
Wo sich Gletscher und Regenwolken umarmen
Der Fiordland National Park empfängt Besucher mit einer fast unwirklichen Landschaft. „Wenn Sie denken, Sie hätten bereits beeindruckende Natur gesehen, wird Milford Sound Ihre Definition neu schreiben“, schwärmt die neuseeländische Naturschützerin Sarah Williams. Mit über 6.000 mm Niederschlag jährlich gedeiht hier ein einzigartiger Regenwald zwischen schroffen Gebirgswänden, die vor Jahrtausenden von Gletschern geformt wurden – ähnlich wie in der norwegischen Fjordlandschaft.
Der majestätische Wächter: Mitre Peak
Mit 1.692 Metern erhebt sich Mitre Peak fast senkrecht aus dem Wasser – ein Anblick, der selbst weitgereiste Fotografen sprachlos macht. Die Māori nennen ihn Rahotu und erzählen, er sei die versteinerte Seele eines mächtigen Kriegers. Bei Sonnenauf- oder -untergang taucht das Licht den markanten Berg in mystische Farben, die selbst erfahrene Reisende zu Tränen rühren können.
Regenzeit ist Wasserfall-Zeit
Die hohe Niederschlagsmenge verwandelt die Felswände in lebendige Kunstwerke. Nach jedem Regenguss – und davon gibt es viele – erscheinen Hunderte temporärer Wasserfälle an den steilen Klippen. Im Gegensatz zu Reisezielen mit Klima und Vegetation für Sonnenanbeter sollte man hier die Regentage nicht fürchten, sondern feiern.
Eine Reise zu den Stirling Falls
Die dauerhaften Wasserfälle wie Stirling und Bowen Falls donnern das ganze Jahr über in die Tiefe. Bei einer Bootsfahrt kommen Sie den mächtigen Stirling Falls so nahe, dass Sie ihre Gischt auf der Haut spüren. „Wir nennen es ‚das Gesicht der ewigen Jugend'“, erklärt Bootsführerin Lisa Tauwhare. „Der Legende nach verjüngt jeder Tropfen, der Ihre Haut berührt, Sie um ein Jahr.“
Die verborgenen Schätze der Milford Road
Die Anreise nach Milford Sound ist selbst ein Abenteuer. Die 120 km lange Straße von Te Anau offenbart verborgene Juwelen wie die Mirror Lakes, deren Oberfläche die umliegenden Berge perfekt reflektiert. Ein besonderer Geheimtipp für Naturliebhaber-Ziele ist The Chasm – eine beeindruckende Felsformation, die durch Jahrtausende von Wassererosion entstanden ist.
Unterwasserwunder in schwarzen Tiefen
Eine einzigartige Besonderheit Milford Sounds liegt unter der Wasseroberfläche. Durch die Süßwasserschicht, die auf dem Salzwasser schwimmt, entsteht ein besonderes Ökosystem. Tieftauchende Pinguine und seltene Schwarzkorallen, die normalerweise nur in großen Tiefen gedeihen, sind hier in Sichtweite zu finden – ein Phänomen, das sonst nirgendwo auf der Welt vorkommt.
Übernachten im Herzen der Wildnis
Die Milford Sound Lodge ist die einzige Unterkunft direkt im Fjord und bietet ein unvergessliches Erlebnis. „Wenn alle Tagesbesucher abgereist sind und die Dunkelheit einkehrt, offenbart Milford Sound sein wahres Gesicht“, beschreibt Lodgebesitzer Michael Peterson. „Die Sterne hier sind so klar, dass man das Gefühl hat, sie mit den Händen greifen zu können.“
Mit dem Kayak auf Entdeckungsreise
Während die meisten Besucher den Fjord auf Kreuzfahrtschiffen erkunden, bietet eine Kajakexpedition ein intensiveres Erlebnis. Vom Wasser aus sind die Dimensionen der Landschaft noch eindrucksvoller. Die Stille wird nur vom Plätschern der Paddel und gelegentlichen Rufen der Seevögel unterbrochen – ein perfekter Kontrast zu den belebten Whitsunday Islands.
Der Puls des Regenwaldes
Majestic. Machtvoll. Magisch. Milford Sound verlangt nach neuen Worten, um seine Schönheit zu beschreiben. Es ist kein Ort, den man einfach abhakt, sondern einer, der sich in die Seele einbrennt. Ähnlich wie ein kanadischer Nationalpark verbindet er Naturgewalt mit stillem Zauber. Wer einmal seine Luft geatmet und sein Wasser berührt hat, kehrt als anderer Mensch zurück – mit der Gewissheit, einen der letzten wahrhaft wilden Orte dieser Erde erlebt zu haben.